Beruhigungssignale / Unsicherheitszeichen

Hunde verständigen sich untereinander im Gegensatz zu Menschen vorrangig mit körperlichen Signalen. Lautgebung spielt eine eher untergeordnete Rolle. Da der Mensch den größten Teil seiner Kommunikation über die Sprache abwickelt, wendet er dies auch auf Hunde an. Hunde halten sich jedoch auch bei Menschen eher an die Körpersprache, was letztendlich häufig zu Missverständnissen führt. Menschen sagen das eine und meinen (und zeigen) das andere. Für Hunde ist das verwirrend, sie wissen nicht, wie sie zu reagieren haben und lösen Ärger aus.

Wenn wir Menschen uns mehr auf unsere Mimik und Gestik achten in der Kommunikation mit dem Hund und dazu noch lernen, welche Körpersprache Hunde haben, lassen sich viele Probleme auch ohne aufwändiges Üben beseitigen.

Die für uns wichtigsten Kommunikationssignale bei Hunden sind Signale, die uns über die Befindlichkeit des Hundes informieren. Wenn wir wissen, ob der Hund Angst hat, gestresst ist, sich freut etc., dann können wir angemessen reagieren und unsere Erwartungen anpassen.

Das setzt natürlich voraus, dass wir den Hund als Lebewesen mit eigenen Gefühlen ansehen und diese auch bereit sind, zu akzeptieren und darauf einzugehen. Hunde sind bekanntlich keine Maschinen, die nur funktionieren, oder nicht, sondern sie haben, wie wir Menschen gute und schlechte Tage, lernen mal schneller und mal langsamer und können vor allem genauso wie wir Angst, Stress und Freude empfinden.

Als Partner des Hundes sind wir dazu verpflichtet, auf die Gefühle des Tieres zu achten, um dem Tier, das in unserer vollkommener Abhängigkeit lebt, ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Das bedeutet nicht, sich selbst völlig abhängig zu machen, sondern es heißt, sich auf das Individuum einzulassen und es anzuerkennen mit all seinen Schwächen und Stärken, eben genauso wie einen guten Freund und Partner. Akzeptanz und Verständnis (von beiden Seiten) macht eine gute Beziehung aus.

Beruhigungssignale lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Einerseits sind es Ausdrucksformen, die zeigen, dass der Hund sich in einem inneren Zwiespalt befindet. Er ist sich nicht sicher, wie er reagieren soll und zeigt ein so genanntes Übersprungsverhalten, das mit den möglichen und in dieser Situation sinnvollen Verhaltensweisen nichts zu tun hat.
Bsp: Ein Hund sieht einen anderen Hund. Statt hinzurennen, oder wegzugehen, beginnt er am Wegesrand zu schnuppern, oder züngelt stark.

Er kann in diesem Fall die Situation noch nicht einschätzen und weiß nicht, ob der andere eventuell gefährlich ist, oder nicht. Die gezeigten Verhaltensweisen (Schnuppern, züngeln) haben keinen Bezug zur vorliegenden Situation, sondern kommen aus einem anderen Verhaltenskreis.

2. Beispiel: Hund wird vom Besitzer aus der Ferne ausgeschimpft. Der Hund macht Spielaufforderung. Er weiß hier nicht wie er reagieren soll, da er zwar gern Frieden schaffen würde, aber sich nicht näher herantraut, also zeigt er ein Übersprungsverhalten aus einem anderen Verhaltenskreis (Spielen), das seine Unsicherheit ausdrückt. (Zugleich zeigt es dem Gegenüber dadurch auch an, dass der Hund freundlich ist.)

Andererseits sind Beruhigungssignale Kommunikationssignale, die andere Hunde (und wissende Menschen) erkennen und verstehen können. Sie können darauf reagieren.
Bsp: Ein Hund, der laut schimpfend zum Besitzer gerufen wird, läuft einen weiten Bogen, oder setzt sich mit dem Rücken zum Besitzer hin.

Was für den Menschen wie eine Trotzreaktion aussieht, ist unter Hunden ein übliches Signal für „beruhige dich, ich mach ja nichts, alles ist in Ordnung!“. Der Hund dreht den Rücken zum Besitzer, um ihm seine Ungefährlichkeit zu demonstrieren. Das Bogenlaufen sieht man vor allem bei Hunden, die sich frei begegnen dürfen. Sie laufen in einem Halbkreis umeinander, um sich dann von hinten zu näheren und zu beschnuppern.

Haben Hunde keine Gelegenheit dazu, bleibt ihnen oftmals nur die Möglichkeit, wegzurennen (hinter dem Besitzer verstecken), oder anzugreifen, da mit dem Besitzer an der Leine keine fruchtbare Kommunikation möglich ist und es so häufig zu Missverständnissen unter den Hunden kommt.

Hunde, die diese Signale anwenden sind nicht unterwürfig! Sie signalisieren ausschließlich ihre momentane (!) Friedfertigkeit oder zeigen Stress/Unsicherheit an.

Sie können aus diesem Grund auch mit gutem Erfolg vom Menschen angewendet werden, um dem Hund Ruhe zu signalisieren. Allerdings muss auch der Hund erst lernen, sie zu verstehen, wenn er nie die Gelegenheit dazu hatte. Er ist jedoch genetisch vorgeprägt und lernt dies recht schnell.

Folgende Signale fallen unter diese so genannten Beruhigungssignale:

Stress/Unsicherheit anzeigend:

  • starkes Hecheln (ohne dass es übermäßig warm ist)
  • vermehrtes Gähnen
  • häufiges Züngeln (mit der Zunge über die Lippe fahren)
  • unter sich urinieren (sehr starker Stress!)
  • häufiges Markieren
  • extremes Bellen
  • nicht zur Ruhe kommen (Hin- und Herlaufen)

zur Kommunikation:

  • Augen, Kopf oder Körper abwenden
  • Bogen laufen
  • Gähnen und Züngeln
  • Hinlegen (ins Platz bei Begegnungen)
  • Schnuppern (deutlich vom echten Schnuppern zu unterscheiden, da sich die Augen auf das Gegenüber heften)
  • Starr stehen bleiben (einfrieren)
  • Schwanz wackeln (je nach Schnelligkeit und Haltung des Schwanzes, kann es von Freude bis Aggression alles bedeuten und ist immer im Kontext zur Situation zu sehen)

Beide Kategorien lassen sich nicht komplett voneinander trennen und müssen immer in der jeweiligen Situation bewertet werden. Ein Hund kann auch gähnen, weil er müde ist und sich die Lippen vor Hunger lecken. Macht er es jedoch während des Trainings, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass er sich unbehaglich und gestresst fühlt.

Es gibt noch mehr solcher Signale und viele Hunde zeigen ganz individuelle Zeichen. Finden Sie selbst weitere Zeichen, die Ihnen zeigen, wie Ihr Hund sich fühlt.

Das Wissen um diese Signale ermöglicht es uns nun gezielt auf unseren Hund und seine Bedürfnisse einzugehen, um

a) vorher unvorhersehbare Probleme zu vermeiden (Hund fühlt sich gestresst, zunehmend unsicher und muss aggressiv reagieren, um darauf aufmerksam zu machen) und

b)das Beste aus dem Hund „herauszuholen“. Das Training also effektiv und sinnvoll zu gestalten, um seine Ziele zu erreichen. (Unter Stress lernt es sich schlecht)

Das bedeutet für gewöhnlich, die Anforderungen an den Hund etwas herunterzuschrauben und an seine Möglichkeiten anzupassen. Das Training kürzer, aber effektiver zu halten. Aufzuhören, wenn ein Erfolg sichtbar war. Und das Training für den Hund positiv zu gestalten.

Mit Stress müssen Hunde genau wie wir Menschen umgehen lernen. Zuviel Stress verhindert Lernen jedoch!